Welt-Autismus-Tag 2022

  • Das ist unser Autismus-Therapie-Zentrum in Gütersloh. Die folgenden Bilder zeigen die Räumlichkeiten und liefern Eindrücke aus der therapeutischen Arbeit.

"Wir bieten unseren Klienten einen sicheren Hafen in stürmischen Zeiten"

Wie an allen Welt-Autismus-Tagen möchte der Regionalverband autismus Ostwestfalen-Lippe e.V. auch in diesem Jahr auf die Bedürfnisse von Menschen aus dem Autismus-Spektrum aufmerksam machen. In der täglichen Arbeit mit seinen Klienten geht es dem Verein darum, ihre Ressourcen zu sehen, nicht nur ihre Defizite, mit ihnen zu reden und nicht nur über sie. „Für unsere Klienten ist es wichtig, von der Gesellschaft mit all ihren Besonderheiten wahrgenommen zu werden – an diesem 2. April sowie an jedem einzelnen Tag des Jahres“, so Vorstandsvorsitzender Christoph Leßmann.

Der 24-jährige Philipp Kruse, ein Klient des Autismus-Therapie-Zentrums in Gütersloh, beschreibt, was Autismus für ihn bedeutet:

Was ist Autismus für mich?

Meine erste Reaktion, als diese Frage an mich herangetragen wurde, war:Schauen Sie doch einfach in die Diagnose-Kriterien. Dort steht es schwarz auf weiß." Die Definition „Tiefgreifende Entwicklungsstörung“ ist allerdings genauso alltagstauglich wie Bananen zum Schlittschuhfahren, und zwar gar nicht.

Für mich ist diese Frage gar nicht so einfach zu beantworten.

Man könnte die Frage auch als typische Frage von neurotypischen Menschen einordnen. Man könnte die Frage auch als typische Frage von Außenstehenden betrachten.

Für uns Menschen im Spektrum ist ja immer "Welt Autismus Tag" - wir sind Autismus.

Ich kenne es nicht anders, schließlich sind wir seit unserer Geburt Autisten und Autistinnen - auch wenn es bei einigen von uns etwas gedauert hat, bis man es herausgefunden hat.

Genauso vielfältig wie das Autismus-Spektrum ist auch die Wahrnehmung darüber für uns Menschen mit Autismus.

Für mich ist es Fähigkeit und Barriere. Die Fähigkeit Dinge zu bemerken, die andere einfach übersehen und somit die ganze Welt in ihren vielfältigen Details wahrzunehmen. Aber auch die Barrieren, die sich mir im Alltag in den Weg stellen.

Autismus ist für mich so vieles: Ich, Wir, Fähigkeit, Behinderung, Barriere, Diskriminierung, Möglichkeit, Vielfalt. Meiner Meinung nach ist die Bezeichnung Behinderung oder Mensch mit Behinderung nicht ausgrenzend, das eigentliche Problem mit der Bezeichnung ist, dass viele Menschen es im Alltag negativ konnotieren oder als Beleidigung nutzen.

Die Vernetzung und der kontinuierliche Austausch mit den Menschen, die mit Autismus leben, mit ihren Angehörigen, Freunden und weiteren Bezugspersonen sind ein wichtiger Bestandteil der Vereinsarbeit. Nur so lassen sich gängige Vorurteile, Missverständnisse und Mobbing vermeiden und gesellschaftliche Teilhabe umsetzen.

Derzeit stellt die Corona-Pandemie den Verein und seine Mitarbeiter immer noch vor viele Herausforderungen. „Wir sind froh, dass wir trotz strenger Hygienevorschriften unsere Therapien weiterhin durchführen und die regelmäßigen Kontakte zwischen unseren Klienten, ihren Familien und unseren therapeutischen Fachkräften aufrechterhalten können", sagt Melanie Esken, Bereichsleitung der Autismus-Therapie-Zentren an den Standorten Gütersloh, im Kreis Lippe und in Minden.

Dass Strukturen und Rituale beibehalten werden, ist wichtig für Autisten - sie geben ihnen Halt und nehmen ihnen die Angst vor dem Neuen und Unbekannten: „Hier in Gütersloh sind unser Therapiehaus und das angrenzende Außengelände ein sicherer Hafen für sie, eine Anlaufstelle, um zur Ruhe zu kommen, Kraft zu tanken, sich mit mit unseren Therapeuten über Alltägliches auszutauschen oder belastende Ereignisse gemeinsam mit ihnen aufzuarbeiten", berichtet Tanja Masur, Teamleitung im Autismus-Therapie-Zentrum Gütersloh.

Das gilt auch für die anderen Angebote des Vereins: Mit Schulbegleitung, Familienhilfe und ambulanter Betreuung werden Menschen mit Autismus in den unterschiedlichsten Lebensbereichen- und -phasen umfassend unterstützt und gefördert.