
„Hilfen für Menschen aus dem Autismus-Spektrum müssen sich an ihren wirklichen Bedürfnissen orientieren!"
Heute ist Welt-Autismus-Tag! Nicht nur an diesem Aktionstag, sondern das ganze Jahr über, unterstützt der Regionalverband autismus Ostwestfalen-Lippe e.V. Menschen aus dem Autismus-Spektrum und ihre Angehörigen mit seinen Dienstleistungen. Neben Therapie, Schulbegleitung, Familienhilfe und ambulanter Betreuung gehören die Information und Aufklärung über Autismus zu den Angeboten des Regionalverbandes: "Kernziel unserer Arbeit ist es, Menschen mit Autismus die größtmögliche Teilhabe an unserer Gesellschaft sowie eine weitestgehend selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen", so Klaus Wollny, der zur Geschäftsführung des Vereins, zum Vorstand des Autismus Landesverbandes NRW e.V. und des Regionalverbandes autismus Niederrhein e.V. gehört.
Dazu ist es notwendig, die wirklichen Bedarfe von Menschen aus dem Autismus-Spektrum zu kennen, auch ihren Angehörigen Gehör zu schenken und Unterstützungsleistungen zu individualisieren. Auf diesen Grundgedanken basiert das Bundesteilhabegesetz, das in vier Reformstufen im Zeitraum von 2017 bis 2023 umgesetzt wurde. "In der Praxis läuft das jedoch nicht so reibungslos ab, wie von Politik und Leistungsträgern oftmals dargestellt. Ihr Fokus liegt häufig auf der Einsparung von Kosten, so lässt sich Inklusion aber nicht realisieren. Was das System an Hilfestellungen für Menschen mit einer Behinderung und für ihre Familien vorsieht, können sie nicht in vollem Umfang nutzen, weil Gesetze in der Praxis nicht funktionieren", erklärt Klaus Wollny.
Der studierte Sozialpädagoge und Sozialwissenschaftler weiß aus eigener Erfahrung, mit welchen Hürden Menschen aus dem Autismus-Spektrum tagtäglich konfrontiert sind. Sein Sohn Daniel, 37 Jahre, hat eine Asperger-Diagnose. Klaus Wollny: "In den vergangenen zweieinhalb Jahren war Daniel in der Psychiatrie untergebracht, da 38 Wohnstätten für Menschen mit Behinderung ihn nicht aufnehmen wollten. Mein Sohn hat zusätzlich zu seinem Autismus noch psychische Beeinträchtigungen. Offensichtlich bevorzugen die meisten Einrichtungen hilfesuchende Personen, die einfacher im Umgang sind." Seit einigen Wochen hat Daniel endlich ein neues Zuhause gefunden und lebt jetzt in einer Wohnstätte in München, in der man auf seine Bedürfnisse eingeht, wo er sich wohl und geborgen fühlen kann.
Doch was muss passieren, damit sich die Lebenssituation von Menschen mit Autismus verbessert? Ihre individuellen Bedürfnisse gesehen werden? "Gerade planen wir in Kooperation mit verschiedenen Akteuren ein Pilotprojekt zur Stärkung der Teilhabe von Menschen aus dem Autismus-Spektrum, über das wir zu gegebenem Zeitpunkt hier berichten werden. Als Leistungserbringer müssen wir unsere Aufklärungs- und Lobbyarbeit weiter vorantreiben, um die Bedarfe und Probleme von Menschen mit Autismus zu verdeutlichen. Unsere Klientel soll sich selbst artikulieren dürfen. Nur sie wissen, was sie an Unterstützung benötigen, um an dieser Gesellschaft teilhaben zu können", betont Klaus Wollny.
Dazu gehören auch die Vernetzung und der kontinuierliche Austausch mit Angehörigen und weiteren Bezugspersonen sowie mit Anlauf- und Beratungsstellen für Menschen aus dem Autismus-Spektrum. Klaus Wollny: "Hier in NRW und im Einzugsgebiet unseres Regionalverbandes in Ostwestfalen-Lippe arbeiten wir glücklicherweise mit vielen Leistungsträgern zusammen, die die Wünsche unserer Klientel anerkennen und ihnen die erforderlichen Hilfestellungen zukommen lassen.
Um Bedürfnisse, genauer gesagt um die Sehnsucht nach Liebe, Sex und Zärtlichkeit, geht es auch in dem Film, den wir dieses Jahr anlässlich des Welt-Autismus-Tages zeigen. "(K)ein besonderes Bedürfnis" ist ein berührendes Roadmovie, in dem der Protagonist, der 29-jährige Autist Enea, LKWs noch mehr liebt als Mädchen. Bisher hat er die Richtige aber noch nicht gefunden. Auf der Suche nach der großen Liebe fährt er mit seinen beiden besten Freunden quer durch Europa. Auf dieser Reise findet er letztendlich mehr, als er sich erhofft hat.
Unser beliebten Filmabend mit anschließender Diskussion und Infostand im Foyer veranstalten wir am Dienstag, 09. April 2024, wieder im Lichtwerk-Kino im Ravensberger Park in Bielefeld. Die Tickets können Sie direkt online unter folgendem Link kaufen: Filme | Lichtwerk & Kamera (arthousekinos-bielefeld.de)
Der Film startet um 19 Uhr in zwei Kinosälen. Bereits ab 18 Uhr können Sie unseren Infostand im Kino-Foyer besuchen und sich mit unseren Mitarbeitenden austauschen. Materialien rund ums Thema Autismus liegen aus, Sie können sich alles in Ruhe angucken.
Direkt im Anschluss an den Film gibt es eine Diskussionsrunde: Bettina Mester (Autismus-Therapie-Zentrum Bielefeld) und ihr ehemaliger Klient Robert Pähler (25 Jahre, Justizbeschäftigter, Asperger-Diagnose) freuen sich auf viele Fragen rund ums Thema Autismus.
Welt-Autismus-Tag
Die Vereinten Nationen (UNO) haben diesen Aktionstag am 18. Dezember 2007 beschlossen und 2008 erstmals veranstaltet. Er ist auch als Welttag der Aufklärung über Autismus bekannt.